Michèle Friedrichs ist bildende Künstlerin, Buchautorin und Illustratorin, lebt und arbeitet im niederrheinischen Mönchengladbach:


"Die Ideen zu meinen Büchern entstehen durch das, was mich umgibt. Dann beginne ich, zu recherchieren. Wie sah es früher an genau diesem Ort aus? Das Haus unter der Abtei existiert - es steht unter der alten Münsterkirche. Die erfundene Kriminalgeschichte basiert auf der wahren Vergangenheit der Benediktinerabtei und ihrer berühmten Bibliothek, von der die meisten Gladbacher gar nichts wissen. Darum geht es mir: die Augen für verlorene Schätze unserer Heimat zu öffnen.

Fräulein Charot, die eigenwillige Heldin meiner historischen Kriminalromane, spaziert durch die Gründerzeit, in der man mit der Kraft des Dampfes voll durchstartete. Wer möchte heutzutage nicht in einem schönen, alten Gründerzeithaus leben? Damals bebaute man in wenigen Jahren ganze Straßenzüge mit solchen Perlen. Genauso prachtvoll waren die Fabrikpaläste der Textilindustrie. Wie weitreichend der Aufschwung damals war, kann man sich heute kaum noch vorstellen: Die politischen Rahmenbedingungen waren perfekt, Deutschland war reich, weitgehend autark und genoß überall hohes Ansehen. Interessant ist auch die zu Wohlstand gekommenene breite Bürgerschicht. Sie prägte mit elegantem Outfit das Bild in den Straßen. Auch anders als jetzt. Bürgerliche Frauen befreiten sich aus dem Korsett, ihr Wahlrecht stand kurz bevor. Problematische Arbeitsbedingungen in den Fabriken wurden erkannt, benannt und mit privatem Kapital der patriarchalischen Unternehmer deutlich verbessert. Und hier am Niederrhein verband die unterschiedlichen Milieus ein typisch rheinisches Miteinander. 

Es war die Zeit der sprühenden Funken und des Erfindergeistes! Es gab Innovationen, die viele dieser Zeit gar nicht zutrauen: elektrische Fahrzeuge wie Milchwagen, Straßenbahnen, Fähren. Kunst und Handwerk verschmolzen im Jugendstil. Es gab Künstlerkolonien, FKK, Sanatorien mit Freiluftkuren fürs Immunsystem, Vegetarier, Naturheilkunde, Wandervögel, Lebensreform, aus der heraus die heutigen Reformhäuser entstanden. Höchste Zeit, genau diese Jahre mit spannenden Geschichten wieder lebendig werden zu lassen. Und wenn in dieser faszinierenden Zeit der ein oder andere äußerst mysteriöse Mord geschieht, umso besser."